Warum ist mein Zug zu spät? Verspätungsgründe erklärt – Teil 3

Abfahrtstafel Dortmund Hbf mit Verspätungen
Abfahrtstafel Dortmund Hbf mit verspäteten Zügen. Screenshot von www.bahnhof.de/dortmund-hbf/abfahrt am 08.01.2024 um 20:35 Uhr.

Einleitung

Nach dem ersten und dem zweiten Teil unserer Erläuterungen zu den Verspätungsgründen im deutschen Eisenbahnverkehr geht es nun mit dem dritten und letzten Teil der Miniserie weiter.

Verspätung aus vorheriger Fahrt

Das benötigte Fahrzeug für den Zug ist nicht pünktlich am ersten Bahnhof, da die vorherige Fahrt große Verspätungen erlitten hat. Kleinere Verspätungen werden durch die sogenannte Wendepufferzeit aufgefangen, bei größeren ist dies jedoch nicht immer möglich. In einigen Fällen kann ein Teil der Halte entfallen, da der Zug frühzeitig wieder in die Gegenrichtung fährt, um das Eintragen von Verspätungen zum Beispiel in einen großen Knoten zu verhindern.

Kurzfristiger Personalausfall

Das geplante Personal steht nicht für eine Zugfahrt zur Verfügung. Dies kann sowohl auf die Lokführenden und Zugbegleitpersonal als auch auf die Fahrdienstleiter in den Stellwerke bezogen sein. Im Idealfall führt ein solcher Ausfall nicht zu Auswirkungen auf die Reisenden, da eine Bereitschaft bzw. Reserve vorhanden sein sollte, die kurzfristig einspringen kann. In Zeiten dünner Personaldecken kann dies nicht immer ad hoc gewährleistet sein, sodass Verspätungen auftreten können. Im ungünstigsten Fall steht kein alternatives Personal zur Verfügung (zum Beispiel auch, weil nicht alle notwendigen Kenntnisse über Zug bzw. Strecke vorhanden sind), sodass ein Zug ausfällt oder ein Bahnhof oder eine Strecke nicht befahren werden kann, da kein Fahrdienstleiter verfügbar ist.

Kurzfristige Erkrankung von Personal

Eine Konkretisierung der vorherigen Begründung, dass das Personal erkrankt ist.

Verspätetes Personal aus vorheriger Fahrt

Genauso wie für die Fahrzeuge gibt es eine Einsatzplanung für das Personal. Aufgrund vorhergehender Verspätungen kann es trotz Zeitpuffern passieren, dass das geplante Personal nicht rechtzeitig im geplanten Zug ist und auch kurzfristig keine Bereitschaft aktiviert werden konnte. Dies betrifft sowohl die Lokführenden als auch das Zugbegleitpersonal, da für diese vor allem im Fernverkehr Mindestzahlen und -kenntnisse erfüllt sein müssen, dass ein Zug mit Reisenden überhaupt fahren darf.

Streik

Eine Gewerkschaft hat zum Streik aufgerufen. Durch einen Streik von Bahnpersonal wird ein Ersatz- oder Notfahrplan gefahren, da weniger Personal verfügbar ist. Streiks in fast allen Bereichen des Eisenbahnverkehrs können solche Auswirkungen nach sich ziehen, seien es Triebfahrzeugführende, Zugbegleitpersonal, Fahrdienstleiter:innen oder Werkstattpersonal.

Unwetterauswirkungen

Nach einem Unwetter mit negativen Auswirkungen auf den Eisenbahnverkehr hat sich noch nicht wieder alles eingespielt und eingependelt, da z.B. Personal und Fahrzeuge nicht überall dort sind, wo sie sein sollten.

Verfügbarkeit der Gleise derzeit eingeschränkt

Es stehen nicht alle Gleise zur Verfügung. Die genaue Ursache ist nicht bekannt oder wird den Reisenden nicht kommuniziert.

Technischer Defekt an einem anderen Zug

Ein anderer Zug blockiert mit einem technischen Defekt eine Strecke oder ein Gleis in einem Bahnhof. Andere Züge könne dadurch Verspätungen erleiden, weil sie mit weniger Infrastruktur auskommen müssen. Auf der Strecke kann es zudem erforderlich sein, am „Havaristen“ nur mit geringer Geschwindigkeit vorbeizufahren

Zusätzlicher Halt zum Ein- und Ausstieg

Der Zug legt einen zusätzlichen Halt ein, der eigentlich nicht vorgesehen ist. Dies kann im Rahmen einer Umleitung (siehe unten) passieren, aber auch, um Reisende eines z. B. liegengebliebenen Zuges aufzunehmen. Denkbar ist auch das kurzfristige Einplanen eines zusätzlichen Haltes, um die An- und Abreise zu einer Veranstaltung zu ermöglichen oder zu vereinfachen.

Umleitung des Zuges

Der Zug muss einen anderen Weg fahren, als es der Fahrplan ursprünglich vorgesehen hatte. Begründet sein kann dies in kurzfristigen Bauarbeiten, Störungen an der Infrastruktur oder einem anderen Zug. In den meisten Fällen müssen dann mehrere Züge umgeleitet werden, sodass die Umleitungsstrecke schnell überlastet sein kann und sich Staueffekte zeigen. Zudem kann die Umleitungsstrecke einen längeren Weg und auch geringere Geschwindigkeiten bedeuten. Dies alles sind Faktoren, die schnell zu Verspätungen führen können. Wenn möglich und sinnvoll für die Reisenden, können zusätzliche bzw. alternative Halte zum Ein- und Ausstieg disponiert werden.

Schnee und Eis

Eis und Schnee sind im Eisenbahnverkehr systembedingt meistens weniger problematisch als im Straßenverkehr, da sie keine negativen Effekte auf die Spurführung und das Bremsverhalten (gegenüber nasser Schiene) haben. Problematisch sind vereiste Oberleitungen (bei Eisregen), schneebeladene Bäume, die ins Gleis oder die Oberleitung stürzen können sowie sehr große Schneemengen in sehr kurzer Zeit, sodass die Gleise nicht mehr durch die normalen Fahrzeuge freigefahren werden können und die verbauten Weichenheizungen den Schnee nicht ausreichend schnell oder gar nicht mehr auftauen können. Schnee und Eis können auch zu einer witterungsbedingt verminderten Geschwindigkeit führen, um die Gefahr und die Auswirkungen von Eisbrocken, die sich von der Fahrzeugunterseite lösen können, zu minimieren.

Witterungsbedingt verminderte Geschwindigkeit

Aufgrund der vorherrschenden Witterung, z. B. Schnee, Eis an der Oberleitung oder Sturm, darf der Zug nicht so schnell fahren, wie es im Fahrplan geplant war. Dies kann zu Verspätungen führen.

Defekte Tür

Eine Einstiegstür hat einen Defekt und schließt zum Beispiel nicht mehr automatisch oder erst nach mehrmaligem Versuch und führt so zu einem verlängerten Aufenthalt am Bahnsteig. Manchmal muss das Personal die Tür dann manuell schließen und verriegeln, sodass sie an den weiteren Halten nicht mehr geöffnet werden kann. Viele Defekte oder scheinbare Defekte an Türen sind leider auf Reisende zurückzuführen, die in der Lichtschranke stehen bleiben oder gar versuchen, die Tür am Schließen zu hindern oder wieder aufzuschieben. Selbstverständlich kann auch einfach mal die Technik ohne äußere Einwirkungen versagen.

Behobener technischer Defekt am Zug

Nach einem technischen Defekt am Zug fährt dieser weiter, weist aber noch Verspätung auf.

Technische Untersuchung am Zug

Es wird ein potenzieller technischer Defekt am Zug vermutet. Um eine sichere und störungsfreie Weiterfahrt zu gewährleisten, muss das Personal dem Grund und der Schwere der Störung auf den Grund gehen und führt unterwegs eine entsprechende Untersuchung durch. Dies kann beispielsweise eine Bremse sein, welche nicht vollständig gelöst ist und sich erhitzt oder auch ein Brandalarm ohne direkt sichtbare Ursache.

Reparatur an einer Weiche

Eine Weiche, mit der Züge von einem Gleis auf ein anderes wechseln können, funktioniert nicht einwandfrei. Je nach Grund kann sie bis zur Reparatur gar nicht oder nur mit verringerter Geschwindigkeit befahren werden. Züge müssen daher warten, auf anderen Gleise verkehren oder benötigen länger als geplant. Bei Weichen als Bauteile, bestehend sowohl aus Mechanik als auch Elektrotechnik und Elektronik, können unterschiedliche Störungen ursächlich sein. Manchmal schaltet eine Weiche nicht im ersten Anlauf von der einen Richtung in die andere, manchmal wird sie als durch einen Zug belegt angezeigt, obwohl kein Zug auf ihr steht oder fährt.

Erdrutsch

Durch einen Erdrutsch ist die Eisenbahninfrastruktur in Mitleidenschaft gezogen worden und steht dort nur eingeschränkt – z. B. weniger Gleise oder mit reduzierter Geschwindigkeit – oder gar nicht für den Eisenbahnverkehr zur Verfügung. Umleitungen und (Teil-) Ausfälle sind sehr wahrscheinlich.

Hochwasser

Ähnlich dem Erdrutsch kann selbstverständlich Hochwasser die Verfügbarkeit der Infrastruktur (und der Fahrzeuge) einschränken. Auch als Begründung für präventive Maßnahmen zur Schadensabwendung ist diese Begründung denkbar.

Behördliche Maßnahme

Ein behördliches Organ, z. B. Polizei, Bundespolizei o. ä. verfügt, dass ein gewisser Bereich nicht mehr befahren werden darf. Ein Beispiel ist die Entschärfung von Blindgängern, wenn Bahnstrecken im festgelegten Evakuierungsradius verlaufen.

Hohes Fahrgastaufkommen verlängert Ein- und Ausstieg

Vor allem an Hauptreisetagen rund um Feiertage oder bei Veranstaltungen können die geplanten Haltezeiten stellenweise nicht ausreichend sein, um allen Reisenden den Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. Der Zug steht daher länger am Bahnsteig als geplant und es kommt zu Verzögerungen, welche sich auch schnell auf weitere Züge fortpflanzen können. 

Zug verkehrt mit verminderter Geschwindigkeit

Aufgrund eines nicht näher genannten Umstandes kann der Zug nicht mit der geplanten Geschwindigkeit verkehren. Denkbar sind hier technische Gründe wie z. B. eine verringerte Antriebs- oder Bremsleistung. Auch betriebliche Gründe oder infrastrukturelle Gründe könnten hinter dieser Begründung stecken. Im Endeffekt benötigt der Zug für seinen Laufweg mehr Zeit als geplant, er ist also zu spät.

Verzögerung im Betriebsablauf

Diesen Grund kennt sicher (fast) jede:r Bahnreisende:r. Er bedeutet einfach: Irgendetwas hat nicht so funktioniert, wie es vorgesehen war, und dadurch kommt es zu Verspätungen. Mittlerweile hört man diesen Grund seltener, da versucht wird, spezifische Gründe anzugeben. Die meisten Reisenden zeigen dann ein etwas größeres Verständnis als für solche global-galaktischen Aussagen.

Fazit

Damit haben alle insgesamt 66 aktuellen Verspätungsbegründungen hoffentlich verständlich erläutert. Welche weiteren Gründe habt Ihr schon gehört oder selbst erlebt?

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