Niederlande: Sinuswellen auf Fahrradstraßen und Radwegen – ein noch unbekanntes, aber effektives Element der Verkehrsberuhigung

Bei der Planung und Umsetzung von Fahrradstraßen, die für den Kfz-Verkehr freigegeben sind, geht es immer wieder um die Thematik der Verkehrsberuhigung. Dabei liegt die folgende Problematik vor: Die Fahrgeschwindigkeit ist auf 30 km/h begrenzt, so wie auch in Tempo 30-Zonen. Dort wird der Verkehr aber durch regelmäßige rechts-vor-links Kreuzungen, versetzte Parkstände, Aufpflasterungen oder Verschwenkungen der Fahrbahn beruhigt – die klassische Werkzeugkiste von Verkehrsplaner:innen kann zum Einsatz kommen.

In Fahrradstraßen soll der Radverkehr jedoch zügig und komfortabel fahren können, ohne an jeder Kreuzung auf rechts-vor-links achten zu müssen. Das Abbremsen bedeutet für Radfahrende auch immer das darauffolgende Überwinden des Anfahrwiderstands. Auch Kfz-Parken soll in Fahrradstraßen so gestaltet werden, dass es den Radverkehr nicht stört oder gefährdet. Außerdem ist die Fahrbahn so breit, dass Radfahrende bequem nebeneinander fahren können. Alles Aspekte, die auch den Kfz-Verkehr wiederum beschleunigen.

Das alles führt dazu, dass der Kfz-Verkehr die Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h regelmäßig überschreitet. Um dies zu verhindern, können Sinuswellen in die Fahrbahn eingebaut werden. Dies ist vor allem in den Niederlanden weit verbreitet.

Sinuswellen nachts in Amsterdam Richtung Bijmer Arena
Abb.: Sinuswelle auf einem Radweg in Amsterdam

Im Vergleich zu anderen Aufpflasterungen oder Rampensteinen, die in Tempo 30-Zonen verbaut werden, sind Sinuswellen sehr viel mehr in die Länge gezogen. Die zwei Wellen haben dabei eine flache sinusförmige Form und meist eine Länge von ca. 5 – 10 m. Die Wellenlänge ist dabei genau so lang, dass ein Überfahren mit Fahrzeugen, die langsamer als 30 km/h sind (also die meisten Radfahrenden) sehr geschmeidig funktioniert (und auch ein bisschen Spaß macht) und kein Fahrkomfort eingebüßt wird. Radfahrende müssen also nicht abbremsen, um unangenehme Stöße zu verhindern. Für Kfz-Verkehr, welcher mit Geschwindigkeiten von mehr als 30 km/h unterwegs ist, ist die Überfahrt der Sinuswellen unkomfortabel. Das Fahrzeug weist dann ein unangenehmes Schwingungsverhalten auf. Das Resultat: der Kfz-Verkehr wird zu einer angepassten Geschwindigkeitsreduzierung gezwungen. [1]

Die Sinuswellen sind so interessant, weil sie es ermöglichen, den langsamen Verkehr nicht zu behindern, aber den zu schnellen Verkehr ausreichend abzubremsen. Sie können von Räum- und Winterdiensten befahren werden und stellen vergleichsweise geringe Barrieren oder Unfallrisiken für den Radverkehr dar.

In Deutschland sind uns Sinuswellen bisher leider noch nicht aufgefallen – Kommunen kennen dieses Element der Verkehrsberuhigung oft noch nicht. Es hat aber mittlerweile Eingang in z.B. den Leitfaden für Radschnellverbindungen in NRW gefunden und ist auch im Leitfaden für Fahrradstraßen dargestellt. Die beiden Publikationen sind hier zu finden:

Übrigens: In den Niederlanden werden die Sinuswellen häufig auch auf Radwegen eingesetzt. Sie dienen auch hier dazu, den Verkehr zu beruhigen. Vor allem sind sie dort notwendig, wo auch Mopeds (Bromfietsen) auf den Radwegen zugelassen sind, die bis zu 45 km/h fahren dürfen. Sie dienen aber auch dazu, die Aufmerksamkeit von Radfahrenden zu erhöhen, z.B. an Stellen mit querendem Fußverkehr oder vor Schulen.

Andere Möglichkeiten, Fahrradstraßen so zu planen, dass sie selbsterklärend vorrangig für den Radverkehr gestaltet sind, haben wir euch in diesem Beispiel in Antwerpen gezeigt. Weitere Best Practices zeigen wir auch auf unserer Karte

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Quelle:
[1] https://www.radschnellwege.nrw/fileadmin/user_upload/downloads/Leitfaden/Aenderungsdienst02-2020-11/Leitfaden_RSW_vollstaendig_Nov2020_ohneCD.pdf