In Schweden werden grundlegende Informationen zur Verkehrslage auf Schiene und Straße von der staatlichen Verkehrsbehörde Trafikverket bereitgestellt. Darüber hinaus bietet der Branchenverband Samtrafiken, ein Zusammenschluss von über 36 Verkehrsunternehmen in Schweden, eine intermodale Reiseauskunft und Buchungsplattform an.
Auf der interaktiven Karte können Zugfahrten in Echtzeit beobachtet werden. Die aktuelle Verspätung wird farblich hervorgehoben. Gleiswechsel werden im Fahrtverlauf dargestellt. Zudem kann für jeden Bahnhof eine Ankunfts- und Abfahrtstafel aufgerufen werden. Wer mit dem Auto unterwegs ist, findet Störungs- und Baustellenmeldungen aller Straßen ebenfalls auf dieser Karte. Es können auch Informationen zum Straßenzustand oder Webcams aufgerufen werden, um die Verkehrssituation selbst einschätzen zu können.
Die intermodale Reiseauskunft Resrobot ermöglicht eine Verbindungssuche, wobei neben dem öffentlichen Verkehr unterschiedlichster Verkehrsunternehmen auch Rad- und Fußwege, Autorouten oder sogar der Flugverkehr als Alternativen in Betracht gezogen werden, falls sinnvoll. Die zugrundeliegende Software ist keineswegs einzigartig, sondern wird auch für die österreichische Auskunft Scotty oder die Auskunft des Aachener Verkehrsverbundes eingesetzt.
Neben der Verbindungsauskunft bietet der Branchenverband Samtrafiken, nach eigener Recherche in Kooperation mit einem privaten Reisebüro, auch eine intermodale Buchungsplattform an. Hier sind einige deutliche Nachteile zu erwähnen: Zum einen sind auch hier nicht alle Anbieter erhältlich, außerdem sind die aufgerufenen Preise nach stichprobenartigem Testen etwas teurer als beispielsweise im Direktvertrieb über die Staatsbahn SJ. Die Verwendung der Marke “Resrobot” könnte hier ein falsches Bild von einer vollständig objektiven Plattform suggerieren. Aber im Grunde ein Schritt in die richtige Richtung.
Der konsequente nächste Schritt in Schweden wäre nun, alle drei Produkte in eines zu überführen und damit ein umfassendes Angebot für die Reisenden zu schaffen, von der Routensuche über die Verkehrsmittelwahl und Buchung bis zum Monitoring während der Reise. Und wenn man träumen dürfte, europaweit.
Was einen europaweiten oder sogar weltweiten Zugradar angeht, ist der Zugradar von geOps einen Blick wert. Dir Firma nutzt die API verschiedener Verkehrsunternehmen, um Zugfahrten, teilweise auch andere Verkehrsmittel, samt Fahrtverläufen auf einer Karte darzustellen. Falls entsprechende Daten verfügbar sind, auch mit Echtzeitinformationen zur Pünktlichkeit.
Die Mobilitätsplattformen der Deutschen Bahn sind die in Deutschland meistgenutzten Anwendungen zur Verbindungssuche im öffentlichen Verkehr. Immer wieder gibt es von privaten Verkehrsunternehmen Vorwürfe, weil Verbindungen nicht angezeigt und bepreist werden oder umgekehrt der Zugang zu Daten der Deutschen Bahn eingeschränkt ist1. Zur Wahrheit gehört eben auch, dass der DB Navigator genauso wie die Website bahn.de in erster Linie Vertriebskanäle der DB Fernverkehr AG sind. Schweden geht hier den Weg, die Reisendeninformation einerseits stärker vom Vertrieb zu trennen und andererseits in einer den Verkehrsunternehmen übergeordneten Stelle aufzuhängen, um intermodale Reiseketten besser abbilden zu können. Nachteilig daran ist jedoch, dass die Reisendeninformation stärker vom Buchungsvorgang separiert wird.
Dennoch stellen die Beispiele Ansätze dar, wie eine Modularisierung zu einer besseren Reisendeninformation führen kann. Dabei sind drei Grundsätze essentiell:
- Datenverfügbarkeit: Ohne Daten läuft nichts. Es ist sinnvoll, dass gewisse Daten von einer zentralen Stelle verwaltet und verfügbar gemacht werden. Verkehrsunternehmen spielen eine essentielle Rolle bei der Zulieferung von Daten.
- Standardisierung: Ein ähnlicher Aufbau von Mobilitätsplattformen hilft den Nutzenden, sich zurechtzufinden. Es kann tausend Apps geben, die in unterschiedlichen Farben daherkommen, aber sie sollten ähnlich funktionieren und idealerweise auf einem standardisierten Kern aufbauen.
- Vertriebsschnittstellen: Es sollte sichergestellt werden, dass die angezeigten Preise verschiedener Reiseoptionen und Verkehrsunternehmen identisch sind. Andernfalls wird das Vertrauen der Nutzenden verspielt. Dafür werden nutzbare Vertriebsschnittstellen benötigt.
Der Zwiespalt, dass Auskunfts- und Buchungsplattformen auch gleichzeitig als Marketinginstrument genutzt werden, ist die wohl größte Herausforderung. Aber die Menschen dabei zu unterstützen, die für sie jeweils beste Wahl zu treffen, um von A nach B zu kommen, sollte das Ziel sein. Andernfalls wird das Feld wahrscheinlich Konzernen aus dem Silicon Valley überlassen. Schicke uns gerne deine Meinung dazu!
Weitere Best Practices zeigen wir auch auf unserer Karte.
- Bundeskartellamt (2023): Offene Märkte für digitale Mobilitätsdienstleistungen – Deutsche Bahn muss Wettbewerbsbeschränkungen abstellen, https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2023/28_06_2023_DB_Mobilitaet.html ↩︎