Luxemburg reiht sich ein in die Vielzahl von Städten, die im vergangenen Jahrhundert ihre bestehende Straßenbahn stillgelegt haben. Doch gab es hier 1991 erste Überlegungen für die erneute Errichtung einer Tramlinie, die aber erst 2014, ganze 23 Jahre später, in konkrete Planungen mündeten [1].
Die Stater Tram, luxemburgisch für „Städtische Straßenbahn“, verkehrt vom Hauptbahnhof der Stadt bis zum Messegelände Luxexpo. Dabei wird neben dem Rand der Altstadt auch das Kirchberg-Plateau mit Universität, Europaviertel und Nationalbibliothek erschlossen. Die nach Fertigstellung 16 Kilometer lange Strecke besteht aus fünf Bauabschnitten, von denen zwei bereits in Betrieb sind (seit 2017 bzw. 2020, insgesamt 7,6 km), ein weiterer in Bau sowie zwei in Planung. Zukünftig werden somit auch Flughafen und Stadion im Süden der Stadt angebunden [2].
Das Verkehrsprojekt ist ein wesentlicher Bestandteil der Stadtentwicklung. Die Straßenbahn verbindet das Stadtzentrum mit dem Kirchberg-Plateau und Europaviertel. Dort sollen bis 2036 über 60.000 Beschäftigte arbeiten und 16.000 Menschen wohnen, wofür auch neue Wohnungen errichtet werden [3]. An der Haltestelle Pfaffenthal besteht Anschluss an eine Standseilbahn zum gleichnamigen Bahnhof. Das Konzept der „nachhaltigen und ökologischen Stadtentwicklung“ zielt nicht nur darauf ab, negative Auswirkungen lediglich zu minimieren, sondern durch Stadtentwicklung positive Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu schaffen [4]. Wenn man die Anzahl der zugelassenen PKW je 1.000 Einwohner in der EU betrachtet, ist Luxemburg mit fast 700 Fahrzeugen Spitzenreiter (Stand 2019) – beeinflusst sein könnte dies jedoch auch durch eine hohe Zahl an grenzüberschreitend genutzten Dienstfahrzeugen [5]. Grund genug, um die Verkehrsverlagerung auf nachhaltigere Alternativen voranzutreiben.
Die Nutzung von Rasengleisabschnitten wertet den Straßenraum nicht nur optisch auf, sondern sorgt auch für eine merklich Schallreduktion, eine direkte Oberflächenentwässerung sowie Feinstaub- und Kohlenstoffbindung. Insgesamt beeinflusst Rasengleis das Stadtklima positiv, indem die Luftfeuchtigkeit erhöht wird und es zu einer besseren Temperaturregulation kommt [6].
Als Fahrzeuge kommen Wagen des Typs Urbos 3 der spanischen CAF zum Einsatz. Besonderheit dieses Typs ist das System Acumulador de Carga Rápida (kurz ACR). Die Straßenbahnen verfügen über Superkondensatoren, die an jeder Haltestelle über Induktionsschleifen und/oder Oberleitung so weit geladen werden, dass die Energie bis zur nächsten Haltestelle reicht. Die verbaute Technologie „Evodrive“ wird darüber hinaus zur Rekuperation von Bremsenergie eingesetzt [7].
Auf eine das Stadtbild störende Oberleitung im Altstadt- bzw. Innenstadtbereich kann somit verzichtet werden. Dies ist oftmals ein Hauptkritikpunkt konventioneller Straßenbahnsysteme. Hybridfahrzeuge mit Verbrennungsmotor stellen ebenfalls keine Alternative dar, da Lärm- und Schadstoffemissionen verursacht werden.
Derselbe Fahrzeugtyp wird im spanischen Sevilla auf einer 2,2 km langen Strecke zwischen dem Bahnhof San Barnardo und der Innenstadt eingesetzt. Die „Metro Centro“ wurde 2007 in Betrieb genommen, wobei zunächst vollständig unter Oberleitung gefahren wurde. Erst 2011 konnte die Oberleitung im Umfeld der Kathedrale entfernt werden, nachdem die passenden Fahrzeuge verfügbar waren. [8]
Anders als in Luxemburg werden die Akkumulatoren nicht über im Boden verlegte Induktionsschleifen, sondern über kurze Oberleitungsabschnitte an den Haltestellen, ähnlich wie Elektrobusse, geladen.
Bei den Fahrzeugen in Luxemburg ist die Innenraumgestaltung besonders hervorzuheben. Eine bunte Gestaltung und beleuchtete Kopfstützen der Sitze sorgen für eine angenehme Atmosphäre.
Ein Ticket muss für die Fahrt mit der Stater Tram übrigens nicht gelöst werden, der gesamte öffentliche Nahverkehr in Luxemburg ist kostenlos.
Weitere Best Practices zeigen wir auf unserer Karte.
Quellen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Stater_Tram, zuletzt abgerufen am 03.04.2022
[2] https://www.luxtram.lu/de/bauarbeiten-2-2/die-verschiedenen-phasen/, zuletzt abgerufen am 03.04.2022
[3] https://www.lessentiel.lu/de/story/kirchberg-blueht-zum-echten-wohnviertel-auf-715931046554, zuletzt abgerufen am 03.04.2022
[4] https://luxembourg.public.lu/de/gesellschaft-und-kultur/nachlatige-entwicklung/luxemburg-nachhaltige-stadtentwicklung.html, zuletzt abgerufen am 03.04.2022
[5] https://www.diepresse.com/5664223/luxemburger-haben-eu-weit-die-meisten-autos-pro-einwohner, zuletzt abgerufen am 09.04.2022
[6] https://www.dvb.de/de-de/die-dvb/technik/gleissysteme/rasengleis, zuletzt abgerufen am 08.04.2022
[7] https://www.caf.net/de/ecocaf/nuevas-soluciones/tranvia-greentech.php, zuletzt abgerufen am 03.04.2022
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Stra%C3%9Fenbahn_Sevilla, zuletzt abgerufen am 03.04.2022
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