Gelungene Bahnhofsumgestaltung in Wuppertal

Wuppertal Hauptbahnhof
Blick auf Wuppertal Hauptbahnhof

Attraktive Bahnhöfe – Aushängeschild für den Bahnverkehr, gesellige Einkaufspassage, architektonisches Highlight: Alles vereint in übersichtlichen, sozial sicheren und funktionalen Gebäuden. Wie Bahnhöfe insbesondere in ihrer Funktion als Mobility Hub gestaltet sein sollten, damit hat sich Daniel in seinem Artikel „Was macht gute Mobility Hubs aus?“ schon auseinandergesetzt. Jetzt möchten wir euch einen Bahnhof vorstellen, der nach seiner Umgestaltung und Modernisierung ein Positivbeispiel für einen solchen Mobility Hub darstellt: der Wuppertaler Hauptbahnhof.

Der Umbau begann 2014 und befasste sich mit der verkehrlichen und städtebaulichen Neuordnung des gesamten Areals rund um den Hauptbahnhof Wuppertal. Das Ziel war es, den Bahnhof ebenerdig mit der Innenstadt zu verbinden, das topografisch schwierige Gelände neu zu strukturieren und aufzuwerten. Um eine durchgängige Fußgängerzone und Einkaufspassage zu realisieren, wurde die dort verlaufende Bundesstraße B7 auf einer Länge von 600 m abgesenkt und durch die Passage für den Fußverkehr überbaut. Dadurch konnten die Verkehre, insbesondere Kfz-Verkehr, ÖPNV und Fußverkehr entflochten werden sowie neue Flächen für kommerzielle Nutzungen und Aufenthalt geschaffen werden.

Nachfolgend drei Aspekte, durch die sich der Wuppertaler Hauptbahnhof, wie wir finden, besonders auszeichnet.

1. Der Bahnhof als Mobility Hub

Als innerstädtischer Mobility Hub verknüpft der Wuppertaler Hauptbahnhof nicht nur den schienengebundenen Fern- und Nahverkehr, sondern integriert auch den Busbahnhof, die bekannte Schwebebahn sowie den MIV in Form von privaten Pkw als auch von Sharingangeboten. Hinzu kommt natürlich eine Anbindung für den Fahrradverkehr sowie die nahräumige Verbindung zur Innenstadt für den Fußverkehr.

Ziel der Neuordnung war, den Umstieg zwischen den diversen Verkehrsmitteln zu erleichtern und über kurze Wege barrierefrei und übersichtlich zu gestalten. Während die Gleise und Bahnsteige der Bahn nicht verändert wurden, entstand neben dem historischen Bahnhofsgebäude ein neuer Busbahnhof. Dieser ist sowohl ebenerdig vom Bahnhofsgebäude und Gleis 1 als auch aus der Bahnhofshalle eine Etage tiefer zu erreichen. Über Treppen gelangt man direkt auf den richtigen Busbahnsteig.

Backe-an-Backe-Anordnung von Bahnsteig und Bussteig
Backe-an-Backe-Anordnung von Bahnsteig und Bussteig, schneller Wechsel vom Busbahnhof auf Bahnsteig 1

Gleichfalls erreicht man über die Bahnhofshalle auch das unter dem Busbahnhof liegende Parkhaus. Neben kostenpflichtigen Stellplätzen finden sich hier auch zwei Ladesäulen für vier Elektrofahrzeuge (sicherlich ausbaufähig) sowie drei Stellplätze für eine Cambio-Carsharing-Station. Sechs Stellplätze in direkter Nähe zum Zugang der Bahnhofshalle sind zum Bringen und Abholen reserviert und können über einen Kiss+Ride Tarif für 10 Minuten kostenlos genutzt werden. Am Eingang des videoüberwachten Parkhauses befindet sich außerdem eine von deinradschloss betriebene Anlage mit 142 Fahrradstellplätzen sowie 20 Fahrradboxen (beides kostenpflichtig mit Tages-, Wochen-, Monats- oder Jahrestarifen). 

Ein Umstieg zwischen MIV, Sharingangeboten, Fahrrad, Bus und Bahn ist damit über kurze, barrierefreie und übersichtliche Wege witterungsgeschützt und vor allem auch sozial sicher und attraktiv möglich. Lediglich die Haltestelle der Schwebebahn befindet sich außerhalb des Gebäudekomplexes und ist fußläufig über den Bahnhofsvorplatz zu erreichen.

2. Der Bahnhof mit Leitsystem und Wegweisung

Kommt die oder der Reisende mit dem Bus am Hauptbahnhof an, kann er bzw. sie direkt die in den Wartebereich der Bussteige integrierte Wegweisung nutzen. Auf blauem Hintergrund werden die Ausgänge mit Bezeichnung, der Übergang zum Bahnhof inkl. Zugangstyp (Treppe oder Aufzug) dargestellt, auf orangefarbenem Hintergrund der Übergang zur Schwebebahn.

Sitzgelegenheiten und Wegweisung
Busbahnhof mit Sitzgelegenheiten, Wegweisung mit Farbschema; die Schwebebahn ist besonders hervorgehoben

Dieses Farbschema findet sich auch an den Treppenabgängen wieder. Als großes Piktogramm wird die „Treppe“ angezeigt, sodass der Abgang auch von Weitem gut erkennbar ist.

Treppenabgang
Das Farbschema findet sich an den Treppenabgängen wieder; Verwendung von Piktogrammen

Über diese Treppe erfolgt der Übergang in den eigentlichen Bahnhof. Hier folgt nun der Systemwechsel (siehe auch unseren Artikel über Beschilderung und Fahrgastinformation). Befand man sich zuvor noch in „Obhut“ der Wuppertaler Stadtwerke, wandelt man nun im System Bahn. Klar erkennbar ist dies durch den Wechsel auf die klassische Wegweisung der DB Station & Service. Positiv fällt auf, dass Reisende direkt auf die Wegweisung treffen, da diese überkopf vor dem Betreten der eigentlichen Bahnhofshalle angeordnet ist.

Überkopfwegweiser in der Bahnhofshalle
Von den Bussteigen kommend der erste Blick in die Bahnhofshalle; Überkopfwegweiser dienen der schnellen Orientierung

Auch aus der Gegenrichtung finden Bahnreisende, die auf den Bus wechseln möchten, einen solchen Überkopfwegweiser, der zudem noch durch Abfahrtsmonitore ergänzt wird. Beim Besuch waren diese leider defekt. Es war aber erkennbar, dass grundsätzlich ein eigenes Layout im Gegensatz zur Darstellung bei der Bahn gewählt wurde. Das ist zwar unabhängig von Stadt und Verkehrsunternehmen der Regelfall in Deutschland (und Europa), für den Fahrgast dennoch suboptimal, da er eine neue Darstellung interpretieren muss. Hier wäre ein standardisierter Ansatz wünschenswert, siehe auch hier.

Monitore mit Abfahrten der Busse
Blick aus der Bahnhofshalle in Richtung der Aufgänge zu den Bussteigen; Monitore zeigen Abfahrten der Busse an (bzw. sollten es)

Wie bereits erwähnt besteht von Gleis 1 ein direkter Zugang zum Busbahnhof. Auch hier steht dem Fahrgast eine Anzeigetafel mit den nächsten Abfahrten im positiven Sinne mitten im Weg. Ins Auge sticht auch eine große Wegweiserstele mit Orientierungsplan.

Orientierungsplan und Fahrgastinformation am Busbahnhof
Vom Bahnsteig 1 kommend sind der Orientierungsplan und die Fahrgastinformation die ersten Elemente, die ins Auge stechen

3. Der Bahnhof mit Aufenthaltsqualität

Neben all den verkehrlichen und funktionalen Aspekten stellt der Wuppertaler Hauptbahnhof auch hinsichtlich seiner Gestaltung, seiner Aufenthaltsqualität und seiner Integration in die städtebauliche Situation ein Exempel dar. 

Aufgrund der Topografie ist das Areal in zwei Ebenen aufgeteilt. Auf Höhe der Gleise, des historischen Bahnhofsgebäudes und des Busbahnhofes befindet sich ein begrünter Platz mit Ausblick über den darunter liegenden Bahnhofsvorplatz. Rasenflächen laden zum Verweilen ein und eignen sich besonders zum Warten auf den Bus, da der Busbahnhof und das dortige Geschehen direkt beobachtet werden können. Der Bahnhofsvorplatz ist von der Innenstadt aus über die Fußwegverbindung über die B7 oder die Bahnhofshalle erreichbar. Hier steht insbesondere die kommerzielle Nutzung der umliegenden Geschäfte im Fokus.

Die Bahnhofshalle selbst zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie aus einem hohen, luftigen und übersichtlichen Raum besteht, in dem alle Funktionen direkt erkennbar und erreichbar sind. Neben Sitzgelegenheiten und Schließfächern für Gepäckstücke finden sich hier Fahrkartenautomaten, gastronomische Einrichtungen, das Reisezentrum der DB, die Treppenaufgänge zum Parkhaus und zum Busbahnhof sowie der Zugang zu den Gleisen. Das alles zusammen in einem in hellen Farben gehaltenen, aufgeräumten und zeitlos schlichten Gebäude. Besonders schön auch das dort befindliche Klavier, das jede:n der oder die möchte, zum Spielen einlädt. Dadurch ist die Bahnhofshalle regelmäßig von schönen Klängen erfüllt (entgegen der Erwartung haben wir dort bisher noch niemanden „Blödsinn“ machen sehen). Insgesamt finden sich hier viele Gestaltungselemente wieder, die typischerweise von Flughäfen bekannt sind oder daran erinnern und damit natürlich auch an die Faszination und das dazugehörige Reiseerlebnis appellieren.

Für manch einen stellt sich die Bahnhofshalle vielleicht auch zu steril dar; Elemente aus hellem Holz oder begrünte Fassaden würden hier sicherlich auch gut passen, sind aber natürlich pflege- und kostenintensiver.

Fazit

Dass Bahnhöfe nicht immer unübersichtlich, dreckig oder altbacken sein müssen, ist hiermit also belegt. Dass es sich damit (leider) eher um eine Rarität als um den Standard handelt, zeigt sich dadurch, dass es hier auf unser Best-Practice-Karte gelandet ist. Dennoch können mit einer durchdachten, gesamtheitlichen und verkehrsträgerübergreifender Planung die Anforderungen von guten Mobility Hubs auch in verbauten, topografisch schwierigen und verkehrlich herausfordernden städtebaulichen Situationen umgesetzt werden. Ein motivierendes Best-Practice-Beispiel!

Quellen: 
https://www.wuppertal.de/microsite/doeppersberg/index.php abgerufen am 23.01.2022
https://www.wsw-online.de/parken-wuppertal/parkhaus-hauptbahnhof/ abgerufen am 23.01.2022
https://www.dein-radschloss.de/boxbuchen/#step=suchen abgerufen am 23.01.2022