Nein, dies ist kein Reisebericht der Transsibirischen Eisenbahn, die zwar nur unwesentlich kürzer (ca. 144 – 148 Stunden bzw. 8.640 – 8.880 Minuten) für die Strecke zwischen Moskau und Wladiwostok braucht, dabei jedoch „nur“ knapp 9.300 km zurücklegt.
Stattdessen nutze ich pünktlich im Januar die Möglichkeit für einen Jahresrückblick auf das vergangene Jahr 2021, oder um es aus meiner Bahn-Sicht zu sagen: 13.759 km in 8.921 Minuten. In Anbetracht der noch anhaltenden Corona-Pandemie und zwischenzeitlich eingeschränkter Reisemöglichkeiten beachtliche Zahlen, zumal alle Fahrten innerhalb Deutschlands stattfanden.
Die Zahl des Jahres ist 11,6 – so viel Cent hat mich jeder Kilometer Zugfahren im Jahr 2021 im Mittel gekostet.
Erfasste Daten & Datenquellen
Während des Jahres habe ich für jede durchgeführte Fahrt (genau genommen für jede Teilstrecke, also zwischen Ein- und Ausstieg aus demselben Fahrzeug) die gleichen Daten erhoben. Dabei handelt es sich ausschließlich um Fahrten, die mit einem Zug (nur Eisenbahnen gemäß Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), also keine Straßen-, Stadt- oder U-Bahnen) durchgeführt wurden. Die im Jahr 2021 erhobenen Daten beinhalten:
- Datum, Einstiegs- und Ausstiegshalt,
- Klasse, Betreiber, Fahrzeug, Besonderheiten,
- Reisezeit zwischen planmäßiger Abfahrt und planmäßiger Ankunft gemäß Fahrplan,
- tatsächlich gefahrene Strecke (inklusive eventueller Umleitungen) mithilfe des großartigen Trassenfinder bzw. hilfsweise Wikipedia,
- Luftlinie zwischen Ein- und Ausstiegsstation mithilfe der Geokoordinaten der Stationen aus DB OpenData bzw. hilfsweise Google Maps.
Zusätzlich habe ich für Reisen (Gesamtheit der Teilstrecken zwischen Start und Ziel) jeweils Start, Ziel, Luftlinienentfernung, Ticketart und Ticketpreis erfasst.
Basisauswertungen
Starten wir mit den Basics an Auswertungen, die mit dieser Datengrundlage möglich sind.
An 79 Reisetagen (also im Schnitt alle 4,6 Tage) wurden auf insgesamt 153 Teilstrecken (91 Reisen) in Summe 13.759 km mit Zügen zurückgelegt. Dafür wurden nach Fahrplan 148h 41min (6d 4h 41min) benötigt, ich habe also etwa 1,7% des Jahres 2021 in Zügen verbracht. Damit ergibt sich eine mittlere Reisegeschwindigkeit von durchaus beachtlichen 93 km/h.
Insgesamt habe ich 1.598,51€ für diese Fahrten ausgegeben, die sich auf 995,82€ für Ticketkäufe sowie 602,69€ für BahnCards (BC 50 2. Klasse und BC 25 1. Klasse) sowie das Semesterticket (Promotionsstudent) aufteilen. Dies bedeutet, dass jeder gefahrene Kilometer im Mittel 11,6 Cent gekostet hat (mehr dazu weiter unten).
Über alle Reisen gab es lediglich vier Fälle, in denen ich aufgrund hoher Verspätung am Zielort meine Fahrgastrechte in Anspruch nehmen musste (eine Umleitung aufgrund eines Personenunfalls an einem anderen Zug mit einer Ankunftsverspätung von 120 min, eine Umleitung aufgrund kurzfristiger Bauarbeiten führte zu 60 min Verspätung und zweimal 60 Minuten Verspätung ohne einen besonderen Grund). Alle weiteren Ankünfte erfolgten also pünktlich oder mit weniger als 60 Minuten Verspätung; weitere Verspätungsdaten wurden bisher nicht erfasst.
Aus der Kalenderansicht der Reisetage ist deutlich erkennbar, dass ich die Mehrzahl der Fahrten am Wochenende (Fernbeziehung lässt grüßen) bzw. im Rahmen von Freizeit und Urlauben durchgeführt habe.
Luftlinienentfernung & Umwegfaktor
Neben der gefahrenen Strecke wurde sowohl für jede Teilstrecke separat als auch für jede Reise als Kombination von Teilstrecken mit Umstiegen auch die Luftlinienentfernung, also die kürzeste Verbindung zwischen Ein- und Ausstiegsstation bzw. Start- und Zielstation bestimmt.
Auf Basis der Teilstrecken beträgt die Summe der Luftlinienentfernungen 11.491,9 km. Summiert man diese für die Reisen, so ergibt sich eine Summe von 10.606,0 km. Mithilfe der bestimmten Luftlinienentfernung kann nun auch der sogenannte Umwegfaktor bestimmt werden, welcher das Verhältnis aus befahrener Strecke und Luftliniendistanz angibt und damit ein Maß für die Direktheit einer Verbindung ist.
Auf Basis der Teilstrecken ergibt sich im Mittel ein Umwegfaktor von 1,20, die tatsächlich gefahrene Strecke ist demnach 20 % länger als die Luftlinie. Insgesamt zeigt sich eine Spannweite von 1,00 – 1,76. Spitzenreiter ist die Relation Klein Winternheim-Ober Olm <—> Mainz Hbf.
Betrachtet man die Umwegfaktoren nun auf der Ebene der Reisen, so beträgt der mittlere Umwegfaktor 1,30. Dabei reich die Spannweite von exzellenten 1,07 (Oestrich-Winkel <—> Wiesbaden-Biebrich) bis zu im negativen Sinne durchaus beachtlichen 3,98. Dieser Spitzenreiter ist die Relation Oberammergau <—> Garmisch-Partenkirchen, welche aufgrund der alpinen Topographie jedoch den Ausnahmefall darstellt.
Alle nachfolgenden Auswertungen sind – sofern nicht anders angegeben – bezogen auf die jeweils gefahrene Strecke.
Klassen
Immerhin 17,8% der Kilometer (und 13,8% der Reisezeit bzw. 9,8% aller Teilstrecken) bin ich im letzten Jahr in der 1. Klasse gefahren.
Die erste Klasse nutze ich vor allem für längere Reisen und/oder an Hauptreisetagen rund um Ferien und Feiertage, um von dem großzügigeren Raumangebot und tendenziell mehr Ruhe – alleine schon dadurch bedingt, dass pro Wagen weniger Sitze und damit Mitreisende vorhanden sind – als in der zweiten Klasse zu profitieren. Persönlich nutze ich zudem den Am-Platz-Service für Speisen und Getränke bei Fahrten über die Mittags- oder Kaffeezeit sehr gerne.
Betreiber
In vielen Köpfen ist auch fast 30 Jahre nach der Bahnreform und der Liberalisierung des deutschen Schienenpersonenverkehrs die Deutsche Bahn das Synonym für Eisenbahn. Auch wenn diese mit ihren Tochtergesellschaften in meiner Statistik im Fern- und Nahverkehr weiterhin in allen Metriken führend ist, zeichnet sich insbesondere im Nahverkehr ein deutlich diverseres Bild. Bezogen auf das vergangene Jahr habe ich Züge von insgesamt elf unterschiedlichen Betreibern genutzt. Dabei entfielen ca. 45% der Teilstrecken auf Züge sogenannter NE-Bahnen („Nichtbundeseigene Bahnen“ oder umgangssprachlich „Privatbahnen“).
Die Flächen der Grafik zeigen den Anteil der Streckenkilometer mit den entsprechenden Betreibern. In der Kategorie „andere“ finden sich die folgenden Betreiber: vlexx, eurobahn, Bayerische Zugspitzbahn, Hessische Landesbahn (HLB) und arriva NL.
Betrachtet man ausschließlich den Regional- und S-Bahn-Verkehr, erkennt man sehr deutlich die bereits angesprochene Diversifikation auf dem Markt. Diese Vielfalt ist durch die Liberalisierung im Eisenbahnverkehr und den damit verbundenen Ausschreibungen von Verkehrsleistungen im Nahverkehr zurückzuführen.
Hier ist in meiner persönlichen Statistik abellio mit knapp über 50% führend im Nahverkehr, wobei diese Fahrten in der Regel dem RRX-Vorlaufbetrieb auf dem NRW-RE 1 zwischen Aachen und Köln zuzuschreiben sind. Mit dem Ausscheiden von abellio aus dem deutschen SPNV-Markt wird diese Linie von National Express übernommen werden. Der auf dem Beitragsbild gezeigte Zustand wird also bereits sehr bald schon wieder Geschichte sein.
Zuggattungen
Anhand der Zuggattung (auch Zugskategorie genannt) wird das Produkt „Zug“ eingeteilt nach Tarifierung, Komfortmerkmalen, Geschwindigkeit, Haltepolitik etc. In der folgenden Auswertung sind die Stadtschnellbahnen (S) in Grün, der Regionalverkehr in Form der Regionalbahnen (RB) und Regionalexpress-Züge (RE) in Blau, der „normale“ Fernverkehr in Gestalt der Intercity- (IC) und Eurocity-Züge (EC) in Rot sowie der schnelle Fernverkehr – der Intercity-Express (ICE) – in schwarz dargestellt.
Neben den zuvor genannten Unterscheidungen sollten die Zuggattung im Personenverkehr auch die verkehrlichen Aufgaben, welche gewisse Züge übernehmen sollen, widerspiegeln. Hierzu wurde die mittlere Reisegeschwindigkeit als Merkmal ausgewertet. Diese berechnet sich aus der gefahrenen Strecke geteilt durch die gesamte Reisezeit zwischen Ein- und Ausstieg. Damit bezieht sie nicht nur die Höchstgeschwindigkeit des Zuges sonders auch eventuelle Haltezeiten an Zwischenhalten sowie die Zeitverluste durch Bremsen und Anfahren ein und ist ein gutes Maß für das „Vorankommen“. Schön zu sehen ist daher, dass die mittlere Reisegeschwindigkeit in meiner Zugnutzung auch tatsächlich in Richtung der höherwertigen Zuggattungen (also in der untenstehenden Grafik von unten nach oben) ansteigt.
Fahrzeuge
Dieser Abschnitt ist eher was für Eisenbahn-Geeks und Fahrzeug-Enthusiasten oder solche die es werden möchten (dafür habe ich für jedes Fahrzeug eine Informationsseite verlinkt). Für jede Teilstrecke wurde das jeweilige Fahrzeug erfasst und nachfolgend in Auszügen ausgewertet.
Um die zugehörige Tabelle nicht zu sehr explodieren zu lassen, sind die zehn Fahrzeuge mit der meisten Gesamtstrecke lediglich nach Typen aufgeteilt dargestellt und nicht weiter unterteilt, z.B. nach Betreiber oder Variante (Dreiteiler, Vierteiler etc.). Die meisten Kilometer habe ich mit dem bisherigen Flaggschiff der DB Fernverkehr, dem in Deutschland bis zu 300 km/h schnellen ICE 3 zurückgelegt, gefolgt vom neuen Stern am (nicht nur) NRW-Nahverkehrshimmel, dem Siemens Desiro HC in Form des Rhein-Ruhr-Express (RRX).
Fahrzeug | Anzahl | Strecke |
---|---|---|
ICE 3 | 21 | 3.832,9 km |
Siemens Desiro HC | 46 | 3.261,0 km |
ICE 4 | 3 | 1.399,0 km |
ICE 2 | 3 | 858,4 km |
ICE 1 | 4 | 781,4 km |
Bombardier/Alstom Talent 2 | 17 | 764,1 km |
Intercity 2 Doppelstock | 4 | 742,0 km |
Intercity 1 (modernisiert) | 3 | 710,5 km |
Doppelstockwagen | 8 | 465,0 km |
Stadler FLIRT | 8 | 354,6 km |
Bahnhöfe
Im Jahr 2021 bin ich an insgesamt 60 unterschiedlichen Stationen in der Hälfte unserer Bundesländer ein-, aus- oder umgestiegen.
Nachfolgend sind die neun am meisten frequentierten Stationen aufgeführt. Dabei habe ich die Ein- und Ausstiege auf Teilstreckenebene summiert, bei einem Umstieg geht eine Station also doppelt in das Ranking ein.
Station | Anzahl Ein- & Ausstiege |
---|---|
Aachen Hbf | 69 |
Köln/Messe Deutz | 47 |
Köln Hbf | 43 |
Aachen Schanz | 7 |
Frankfurt (Main) Hbf | 7 |
Mainz Hbf | 7 |
Frankfurt (Main) Flughafen Fernbahnhof | 6 |
Murnau | 6 |
Rüdesheim (Rhein) | 5 |
Tickets & Kosten
Auswertung der Gesamtkosten
Kommen wir – neben den Verspätungen – zu einem Top-Thema beim Bahnfahren: den Preisen. Insgesamt habe ich für das Zugfahren 1.598,51€ (Vollkosten) ausgegeben. Geteilt durch die zurückgelegte Strecke von 13.759 km führt das zu einem mittleren Kilometerpreis von 11,6 ct/km (mehr zur Einordnung dieses Wertes weiter unten).
In der untenstehenden Grafik sind die Tickets in jeweils eine der folgenden fünf Kategorien eingeteilt:
- Semesterticket NRW (gültig für den gesamten Nahverkehr)
- Nahverkehrstickets (Verbund- und Landestarife, DB-Nahverkehrstarif – seit 2022 Deutschlandtarif)
- Fernverkehrstickets (IC, EC, ICE) der 2. Klasse
- Fernverkehrstickets (IC, EC, ICE) der 1. Klasse
- Andere: besondere Tarife, Sonderaktionen, Reisen mit gestückelten Tickets usw.
Die Fixkosten beliefen sich auf in Summe 602,69€ (also gut 50€ pro Monat bzw. 1,65€ pro Tag oder knapp 38% der Gesamtkosten), wovon
- 389,43€ auf das Semesterticket NRW (gültig für den gesamten Nahverkehr),
- 94,36€ auf BahnCards 50 der 2. Klasse,
- 118,90€ auf BahnCards 25 der 1. Klasse
entfielen. Alle drei Posten standen das gesamte Jahr zur Verfügung. Bis in den Oktober hinein konnte ich noch die ermäßigte My BahnCard 50 nutzen. Die Kosten der BahnCards schlage ich im Folgenden stets zu 100% der Fernverkehrstickets der jeweiligen Klasse zu; die wenigen möglichen Einsätze im Nahverkehr werden daher als Mitnahmeeffekt behandelt.
Auswertung der Kilometerkosten
Die variablen Kosten (also die Kosten der gekauften Tickets) lagen in Summe bei 995,82€. Die variablen Kosten pro Kilometer bewegen sich (das Semesterticket ohne variable Anteile ausgenommen) bei der zuvor erläuterten Aufteilung zwischen 5,5 und 18,3 ct/km, über alle Fahrten liegen diese bei 7,2 ct/km.
Die Vollkosten pro Kilometer lagen im vergangenen Jahr damit bei 5,5 bis 18,3 ct, über alle Fahrten gemittelt bei den bereits angesprochenen 11,6 ct.
Um ein etwas realistischeres Bild, das auf den größeren Teil der Bevölkerung zutrifft, die ohne ein landesweit gültiges Semesterticket auskommen müssen, zu erhalten, folgt eine Auswertung der regulären Tickets mit einem Fernverkehrsanteil. Hierbei lagen die Vollkosten bei 15,0 ct/km in der 2. Klasse und 21,1 ct/km in der 1. Klasse. Insgesamt ergibt sich hier gemittelt ein etwas höherer Kilometerpreis von 16,6 ct/km und Person. Im Fernverkehr habe ich insgesamt 42% der Kilometer mit Flexpreisen bestritten, der Rest mit den zuggebundenen Sparpreisen und Super Sparpreisen.
Für dieselben Kilometerpreise hätte ich mit einer BahnCard 100 2. Klasse (2021: 4.027€) 26.847 km, mit einer BahnCard 100 1. Klasse (2021: 6.812€) 32.133 km fahren müssen; also mindestens knapp doppelt so viel wie ich tatsächlich gefahren bin. Finanziell gesehen bin ich also noch ein gutes Stück entfernt davon, in einen rentablen Bereich zu kommen – auch wenn das Haben-Wollen doch sehr stark ist 😉 .
Meine BahnCards der 1. und der 2. Klasse haben sich rückblickend betrachtet als wirtschaftlich sinnvoll erwiesen. Mit den eingesetzten 213,26€ der BahnCards beider Klassen habe ich 519,87€ an Ticketkosten (im Fernverkehr) weniger ausgegeben als ohne BahnCards.
Vergleich mit den Kosten privater PKW
Um die vorher berechneten Kilometerkosten etwas in Relation zu setzen: Der ADAC gibt beispielsweise folgende Kilometerkosten (Vollkosten) für die Top 5 der PKW-Neuzulassungen sowie die drei bestplatzierten batterieelektrischen PKW in Deutschland im Jahr 2021 bei einer Jahresfahrleistung von 15.000 km (also ganz gut vergleichbar mit meinen 13.759 Zugkilometern im vergangenen Jahr) und einer Haltedauer von fünf Jahren an:
- VW Golf: 48,6 – 77,6 ct/km
- VW T-Roc: keine Angaben vorhanden
- VW Tiguan: 52,7 – 91,3 ct/km
- Opel Corsa: 38,6 – 50,2 ct/km
- VW Up: 33,0 – 41,4 ct/km
- Tesla Model 3 (Platz 11): 58,6 – 73,9 ct/km
- VW ID.3 (Platz 21): 44,4 – 50,3 ct/km
- Renault Zoe (Platz 28): 40,4 – 50,3 ct/km
Selbstverständlich beruhen meine errechneten Kosten auf einer Person, mit den meisten PKW können, zu an dieser Stelle vernachlässigbaren Zusatzkosten, mehrere Personen befördert werden. Leider ist dies nur sehr eingeschränkt der Fall: nach der Erhebung im Rahmen der Mobilität in Deutschland 2017 betrug der mittlere Besetzungsgrad gerade einmal 1,5 Personen, in jedem Auto saß also statistisch gesehen neben dem Fahrer stets lediglich noch eine halbe Person. Diese Werte schwanken über den Wochenverlauf, mit einem Minimum von 1,3 dienstags und mittwochs und einem Maximum von 1,9 an Sonntagen.
Setzt man die oben genannten Kilometerkosten mit diesen Besetzungsgraden in Bezug, so ergibt sich bei mittlerer Besetzung mit 1,5 Personen eine Spanne der Kilometerkosten pro Person von 22,0 bis 60,9 ct/km; Die jeweiligen Extrema aus minimalen bzw. maximalen Kilometerkosten und Besetzungsgraden sind 17,4 und 70,2 ct/km.
Das zeigt, dass in allen Fällen meine persönlichen Kosten unterhalb der Kosten eines privaten PKW lagen. Selbst das günstigste der oben genannten Autos (der VW up!) mit größter mittlerer Besetzung von 1,9 wäre immer noch um den Faktor 1,5 teurer gewesen. An dieser Stelle auch noch auf Zeitkosten, Komfort und Umwelt bzw. externe Kosten einzugehen würden den Rahmen sprengen, daher verzichte ich darauf. Eine sehr gute Darstellung der wahren Kosten eines Kilometers Autofahren hat bereits vor einiger Zeit Martin Randelhoff aka Zukunft Mobilität erstellt.
Zusammenfassende Kommentare
In den obigen Auswertungen habe ich jeweils auch die Kilometerkosten bezogen auf die Luftlinienentfernung aufgenommen. Dies ist streng genommen die korrekte Metrik, um eine Aussage über die Kosten einer gewünschten Ortsveränderung (= Mobilität) zu erhalten. Dies ist ein Grund, weswegen die an Relevanz gewinnenden elektronischen Tarife (eTarif; derzeit in Deutschland bereits in einigen Regionen im Nah- und Regionalverkehr verfügbar) in der Regel die Luftliniendistanz zur Preisberechnung heranziehen und nicht die gefahrene Strecke. Aus Kund:innensicht ist dies eine begrüßenswerte Entwicklung, da sich die tatsächlich zurückgelegte Strecke aus den zur Verfügung stehenden Netzen der unterschiedlichen Verkehrsträgern bzw. aus der Angebotsplanung des Aufgabenträgers oder Verkehrsunternehmens ergibt. Sie liegt damit im Wesentlichen nicht in der Hand der Nutzer:innen. Aus diesem Grund möchte ich im laufenden Jahr zumindest auszugsweise komplette Reiseketten von Tür zu Tür betrachten, um neben den Kosten der Luftlinienentfernung auch Aussagen über die Luftliniengeschwindigkeit treffen zu können.
Es ist klar, dass mit den hier erfassten und dargestellten Kosten nicht in allen Fällen der komplette Weg von Tür zu Tür abgebildet ist. Neben ggf. anfallenden Kosten für städtischen Verkehr (Bus, Straßenbahn, Bikesharing, etc.) war stellenweise auch ein Bringen/Holen mit Privat-PKW notwendig, wenn es effektiv keine oder keine gangbare Verbindung mit dem öffentlichen Verkehr gab. Dies ist das klassische Erste bzw. Letzte-Meile-Problem und leider immer noch vor allem außerhalb urbaner Räume anzutreffen. Einen ganz frischen Verkehrsträgervergleich für gesamte Reiseketten hat Martin Randelhoff in Fleißarbeit erstellt und nachvollziehbar aufbereitet.
Für eine erfolgreiche Verkehrswende sind in der ersten bzw. letzten Meile also deutliche Verbesserungen notwendig, die auch wir als Verkehrsingenieur:innen angehen müssen, um eine Nutzer:innenzentrierte Mobilität zu erreichen. Vielleicht sollten wir in Zukunft auch besser den Begriff der Mobilitätsingenieur:in nutzen.
Fazit & Ausblick
Was lernen wir jetzt aus dieser Auswertung?
- Auch aus so etwas für manche Banalem wie Zugfahren lassen sich (hoffentlich) interessante Auswertungen und Visualisierungen erstellen.
- Zugfahren ist gar nicht so teuer.
- Autofahren ist fast konkurrenzlos teuer (außer bei mindestens drei Personen).
- Aber: der öffentliche Verkehr hat definitiv immer noch ein deutliches Letzte-Meile-Problem.
Welche Daten soll ich dieses Jahr noch erheben und welche Auswertungen fändet Ihr noch spannend zu sehen?
Für das Jahr 2022 werde ich mindestens die gleichen Daten erheben und zusätzlich die Thematik der Reiseketten und Tür-zu-Tür-Mobilität deutlich stärker in den Fokus rücken. Interessant wird zudem nach einigen Jahren der Datensammelei eine jahresübergreifende Auswertung inklusive Trendanalysen vorzunehmen. Hierfür müssen die Daten jedoch besser strukturiert und vorgehalten werden als dies bisher der Fall ist.